Plenarrede zum Geschlechterverhältnisses der Lehrkräfte

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Plenarrede zum Geschlechterverhältnisses der Lehrkräfte

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Herr Clemens, es überrascht mich dann doch ein wenig, dass es ausgerechnet die AfD-Faktion ist, die das Geschlecht zu einem Einstellungskriterium machen möchte und in Ihrem Antrag von einer Quote fabuliert. Bei der  Besetzung von Vorständen soll das Geschlecht keine Rolle spielen, aber im Lehramt schon? Das klingt genauso wild und unabgestimmt wie Ihre gesamte Politik.

Richtig ist, dass männliche Lehrkräfte an unseren Grundschulen klar in der Unterzahl sind. Und keiner von uns hätte etwas dagegen, wenn sich dieses Verhältnis zugunsten der männlichen Lehrer verschieben würde. In einer freiheitlichen Demokratie ist es jedoch üblich, dass sich junge Menschen ihren Berufsweg frei auswählen dürfen und keine planwirtschaftlichen Vorgaben à la DDR bekommen.

Und aus dem bestehenden Geschlechterverhältnis an unseren Grundschulen eine Benachteiligung für männliche Schüler abzuleiten, ist – wie so oft in Ihren Anträgen – deutlich zu kurz gesprungen. Die Ursachen für die Leistungsunterschiede von Jungen und Mädchen sind vielfältig. Ich empfehle dazu die Lektüre der maßgeblichen Werke aus der Neuropsychologie von Ruben Gur und Bennet Shaywitz von der Yale University, die eine unterschiedliche Reifeentwicklung, eine differente Gehirnentwicklung sowie hormonelle Unterschiede im Kinder- und Jugendalter als zentrale Ursache für die Leistungsunterschiede verantwortlich machen.

Diese biologisch bedingten Ursachen werden wir nicht durch eine Veränderung des Geschlechterverhältnisses unter den Lehrkräften verändern können. Vielmehr müssen wir junge Menschen, völlig unabhängig vom Geschlecht, motivieren, den Karriereweg als Lehrerin oder Lehrer einzuschlagen. Wir müssen ihnen noch viel deutlicher aufzeigen, dass sie es sind, die einen ganz entscheidenden Teil zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes beitragen können. Schulministerin Dorothee Feller hat mit ihrem Handlungskonzept Unterrichtsversorgung bereits an den zentralen Stellschrauben gedreht. Die Zukunftskoalition aus CDU und Grünen setzt auf Wertschätzung und Entlastung und nicht auf eine Quote!

Und gestatten Sie mir zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Zwei meiner drei Söhne besuchen eine Grundschule – und, jetzt halten Sie sich fest, sie werden von Frauen unterrichtet. Und diese Frauen machen ihre Arbeit verdammt gut und ich bin dankbar für ihren Einsatz an der Schule und ihren engagierten Dienst für das wichtigste, was wir haben – nämlich unsere Kinder.

In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und danke für die Aufmerksamkeit!

30.03.2023